„Ich habe noch nie Berührungsängste mit dem Thema Tod gehabt“
(Brigitte Levin)

Sie gibt Patienten Mut und Kraft: Brigitte Levin

Logo St-Vitus-SeesenEinige Fakten

Der Palliativstützpunkt St. Vitus Seesen wurde im November 2012 gegründet. Der Verein setzt sich für die Erhaltung und Verbesserung der Lebensqualität von schwer- und schwerstkranken Menschen ein.

Brigitte Levin absolvierte eine Ausbildung zur Krankenschwes- ter an der Krankenpflegeschule Herzberg.

Von 1997 – 1999 bildete sie sich zur Anästhesie- und Intensivfachschwester in Goslar weiter.

2005 zur Palliativ- Care-Fachschwester.

Von 2006 bis 2007 absolvierte sie eine Ausbildung zur Praxisbegleiterin für Basale Stimulation an der Uni Witten/Herdecke.

Vom Rotary Club Bad Lauterberg -Südharz erhielt der Palliativstützpunkt Osterode eine Spende in Höhe von 500 Euro. Der Club wurde für seine rege Spendentätigkeit vor wenigen Wochen von der Rotary Foundation besonders ausgezeichnet.

Mit den Erkrankten ein Stück des Weges gemeinsam gehen

Brigitte Levin leitet den Palliativstützpunkt Osterode im Herzberger Klinikum. Palliativmedizin soll die Lebensqualität von Patienten und ihren Familien verbessern, die mit einer schweren Krankheit konfrontiert sind und plötzlich vor großen Veränderungen stehen.

Von Peter Bischof | Herzberg.

Ihre Tätigkeit beginnt in der Regel mit dem Klingeln ihres Handys. Brigitte Levin leitet den Palliativstützpunkt Osterode mit Sitz im Herzberger Klinikum. Der Stützpunkt gehört zum Palliativ- Verein St. Vitus Seesen.

In dem Telefongespräch, meist erfolgt der Anruf von Angehörigen oder auch von Hausärzten, nimmt sie mit ihren Gesprächspartnern eine Einschätzung der Lage des Patienten vor. Welche Hilfe wird benötigt, weil sich die Krank- heitssymptome massiv ver- schlechtert haben? Wie soll es nach der Entlassung aus dem Krankenhaus weitergehen?

“ Lebensqualität verbessern

Die Palliativpatienten haben meist Krebserkrankungen, sie haben Aids, chronische Lungenerkrankungen oder neurologische Krankheiten wie ALS. Ziel der Palliativmedizin ist eine verbesserte Lebensqualität mit guter Schmerz- und Symptomkontrolle. Im Mittelpunkt soll stets die ganze Person mit ihrer Historie, ihrem Umfeld und der aktuellen Situation stehen.

Palliativmedizin soll auch die Lebensqualität der Familien verbessern, die plötzlich mit den Problemen konfrontiert sind, die mit einer lebensbedrohlichen Erkrankung einhergehen.

“ Allen die Wahrheit sagen

„Wichtig dabei ist“, so Brigitte Levin, „dass man dem Patienten und den Angehörigen die Wahrheit sagt. Dass man dem Menschen im Leben und im Sterben Respekt und Würde zollt. Man geht mit den Erkrankten ein Stück des Weges gemeinsam.“

Sie selbst habe nie Berührungsängste mit dem Thema Tod gehabt, sagt Brigitte Levin, da sie aus einem Elternhaus stamme, in dem der Tod nie totgeschwiegen
worden sei. Schwierig werde die Begleitung beim Sterbeprozess für die Angehörigen, wenn diesen das Annehmen der Natürlichkeit des Todes schwerfalle.
Wenn hier die Palliativmedizin an ihre Grenzen stoße, ziehe man Hospizhelfer dazu. „Dabei braucht es nicht unbedingt einen Arzt, sondern ganz einfach nur den Menschen!“
Es gehe ohnehin meist nicht mehr um die Frage „Behandeln oder nicht behandeln?“, sondern darum, welches die angemessene Betreuung für diese Krankheit
und den Betroffenen sei.

Gute Palliativmedizin sei deshalb in der Regel „antizipativ“, also vorausschauend. „Nicht der Schmerz, sondern der Mensch, der Schmerzen hat, muss behandelt werden.“

Denn der Patient muss beim Fortschreiten der Krankheit auf Vieles verzichten, was vorher selbstverständlich für ihn war.

„Deshalb soll nicht auf das Sterben, sondern auf die Qualität des verbleibenden Lebens Wert gelegt werden. Das Leben muss bejaht, der Tod aber weder hinausgezö- gert, noch beschleunigt werden.“
Deshalb gebe es auch eine klare Absage an Sterbehilfe. „Nicht das medizinisch-technisch Machbare muss im Vordergrund stehen, sondern das medizinisch-ethisch Vertretbare.“
Allerdings dürfe es nie heißen: „Da ist nichts mehr zu machen.“

Die Behandlung des Patienten soll stets in der Umgebung stattfinden, die der Patient möchte. Die Angehörigen wollten immer das Beste für den Kranken. Sie haben dabei häufig Angst, etwas falsch zu machen. „Angehörige können zum Beispiel nicht ertragen, wenn der Kranke nicht mehr essen oder trinken kann.“

„Das Leben muss bejaht, der Tod aber weder hinausgezögert, noch beschleunigt werden.“

Brigitte Levin vom Palliativstützpunkt Osterode mit Sitz im Klinikum Herzberg

“ Es den Patienten leichtmachen

Sie müsse dann erklären, dass es für den Kranken viel leichter sei, wenn der Magen nicht vollgestopft werde, dass eine gute Mundpflege viel mehr helfe. Aufgrund ihrer Erfahrung könne sie heute bereits beim Erstkontakt mit den Angehörigen und mit dem Kranken sagen, „das wird eine gute Betreuungsphase oder aber auch nicht“.

Wobei Frauen als Angehörige meist mit der Situation besser umgehen könnten als Männer. Die Pflege sei bei Frauen allein aufgrund ihrer Mutterrolle schon vorgeprägt. Männliche Erkrankte zeigten allerdings auch häufig erstmals Emotionen. Es komme vor, dass dann auch bei den Männern ein paar Tränen flössen.

Ein großes Problem sei in vielen Fällen, dass die Kinder der Betroffenen in großer Entfernung lebten. Häufig zeige sich dann aber, dass diese ihre ganze Kraft aufwendeten, um abwechselnd bei den Eltern zu sein. „Vor allem ist das so, wenn die Beziehung früher schon gestimmt hat.“

Wie lange dauert es noch?“

Eine der am häufigsten von den Angehörigen gestellten Fragen sei „Wie lange dauert es noch?“. Sie stelle dann immer die Gegenfrage: „Warum wollen Sie das wissen?“. Ergebnis sei dann fast immer, dass auf diese Gegenfrage keine Antwort gewusst werde.

Als Manko findet Brigitte Levin häufig die mangelnde Kommunikation zwischen den einzelnen Betreuungsebenen. Ohnehin seien die Behandlungen durch die vielen Fachleute, die in der modernen Medizin unterwegs sind, ihrer Meinung nach nicht unbedingt besser geworden. Manchmal sei nur ein Hausarzt besser als „endlos viele Fachleute“.

Wie schaltet man ab, wenn man täglich derartig eingebunden ist, immer wieder mit schwerkranken Menschen und verzweifelten Angehörigen konfrontiert wird?

„Ich habe vier Kinder und fünf Enkelkinder“, sagt Brigitte Levin.
„Wenn ich aus der Klinik herauskomme, gehe ich in den Familientrubel hinein. Da kommt man gar nicht zum Luftholen, man ist sofort wieder eingebunden.“

Fotos: Mark Härtl, dpa

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